Die Mitarbeiter des KJF Berufsbildungs- und Jugendhilfezentrums Sankt Nikolaus in Dürrlauingen wurden darüber informiert, dass bis Ende Juli diesen Jahres an verschiedenen Stellen bisherige Angebote der geringeren Belegung angepasst werden müssen. So werden unter anderem die Abläufe bei der Essenversorgung geändert, der einrichtungseigene Supermarkt wird künftig nicht mehr so oft geöffnet sein, und die Ausbildungsberufe des Bäckers und des Gärtners im Zierpflanzenbau werden komplett aufgegeben. „Es tut mir wirklich sehr leid, dass wir einige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht weiterbeschäftigen können und geschätzte und qualifizierte Leute gehen lassen müssen“, so Michael Breitsameter, kommissarischer Leiter des Berufsbildungs- und Jugendhilfezentrums.
Beim Berufsbildungs- und Jugendhilfezentrum Sankt Nikolaus sind insgesamt 27 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von den Umstrukturierungen persönlich betroffen. Wie der Rechtsträger der Einrichtung, die KJF Augsburg, mitteilt, können 18 Beschäftigten andere Tätigkeiten in der Einrichtung angeboten werden, bei neun weiteren ist dies leider nicht möglich. Grund für diesen Stellenabbau ist die seit mehreren Jahren niedrige Belegung der Einrichtung, die im Herbst 2018 nochmals zurückgegangen ist; von ehemals über 400 jungen Menschen in Ausbildung und Berufsvorbereitung sank die Zahl auf nur noch 150. „Nachdem für das neue Lehrjahr im Herbst 2018 wieder nur wenige Jugendliche und junge Erwachsene angemeldet wurden, müssen wir reagieren, um das Defizit der Einrichtung so um 800.000 Euro zu verringern“, so Breitsameter. „Diese notwendigen Anpassungen stehen einer zukunftsorientierten Weiterentwicklung der Einrichtung nicht im Weg.“
Dies ist nicht der erste derartige Einschnitt für die Einrichtung, allerdings konnte man in der Vergangenheit direkte Entlassungen vermeiden; zuletzt war im Jahr 2018 die Wäscherei aufgegeben worden, sie wird nun von der CAB Caritas Augsburg Betriebsträger gGmbH weitergeführt. Parallel dazu gab es immer wieder Gespräche mit Politikern und anderen Verantwortlichen, um den Ernst der Lage darzustellen.
Sankt Nikolaus kümmert sich um junge Menschen, die aufgrund ihrer Lernschwierigkeiten, psychischen Beeinträchtigungen, Verhaltensschwierigkeiten oder Einschränkungen wie zum Beispiel Adipositas, ADHS oder Stoffwechselstörungen Unterstützung benötigen, um zu einem beruflichen Abschluss zu kommen und ihren Platz in Beruf und Gesellschaft zu finden. Jugendämter und Arbeitsagenturen melden junge Menschen mit hohem Förderbedarf dort an und bezahlen dann auch für deren Förderung und Ausbildung. Bundesweit gilt die Dürrlauinger Einrichtung als beispielhaft und nimmt seit vielen Jahren immer einen Spitzenplatz bei der Vermittlungsquote der Absolventen auf dem Arbeitsmarkt ein.
Doch gesellschaftliche Entwicklungen machen es schwierig, die erfolgreiche Arbeit im früheren Umfang fortzusetzen. Die derzeit zur Ausbildung anstehenden Jahrgänge sind geburtenschwächer als die vorigen, und dieser Trend wird noch einige Jahre anhalten. Zudem ist die Wirtschaftslage so gut, dass Firmen auch solche Lehrlinge einstellen, obwohl sie für eine Ausbildung in der freien Wirtschaft kaum geeignet sind und mit ihrem Leben ohne gezielte Förderung nicht dauerhaft klarkommen. „Trotz all dieser Entwicklungen und auch vor dem Hintergrund der Inklusionsdebatte sehen wir für spezialisierte Einrichtungen wie das Berufs- und Jugendhilfezentrum Sankt Nikolaus einen Daseinszweck. Wir sind ein Lernort für unsere Teilnehmer, damit sie im Anschluss ihr Leben selbstbestimmt in der Gesellschaft meistern können“, so Michael Breitsameter. „Aber die politischen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen sind aktuell so und unsere Leistungsträger können oft gar nicht anders handeln.“ (wk)